Stellungnahme zum Auftritt Aiwangers in Erding

Rede von Engelbert Kigele (Fraktion von Bündnis 90/ Die Grünen – Die Linke) am 13.6.2023

Folgendes Zitat von Herrn Aiwanger ließ mir gestern Morgen das Blut in den Adern gefrieren:

„Jetzt ist der Punkt erreicht, wo endlich die schweigende Mehrheit dieses Landes sich die Demokratie wieder zurückholen muss.“ Die restliche Verbalinjurie möchte ich ihnen und mir ersparen.

Wessen Demokratie meint er? Gibt es denn meine oder deine Demokratie?

Grenzüberschreitungen wie diese kennen wir nur von illiberalen Demokraten wie Trump, Erdogan oder Orban. Mit Schielen auf ein erfolgreiches Abschneiden bei der Landtagswahl haben Aiwanger und Söder jedes Maß in der politischen Auseinandersetzung verloren.

Obwohl wissend, in welcher Zeitenwende wir uns befinden, wurde es bundes- und landespolitisch versäumt, in den letzten Jahren die Weichen richtig zu stellen.

Nationales Recht ich nenne hier das Klimaschutzgesetz und verbindliche internationale Vereinbarungen wie das Pariser Klimaschutzabkommen wurden ehrgeizlos gebrochen.

Vor der letzten Bundestagswahl wurden die Bürger von allen Parteien, auch den Grünen eingelullt. Durch grünes Wachstum werde unser Lebensstil nicht berührt, wir könnten alle so weitermachen wie bisher.

Jetzt da jeder von uns, allen voran die Landwirte, denen schon wieder wegen der Trockenheit erhebliche Ernteausfälle drohen, am eigen Laib spürt, wie der Klimawandel zuschlägt, ist es höchste Zeit den Bürgern reinen Wein einzuschenken. Viele geliebte und nicht hinterfragte, oft fragwürdige Gewohnheiten müssen aufgegeben werden. Viele lange aufgeschobene Gesetze müssen mit heißer Nadel gestrickt werden, unser ganzer Lebensstil kritisch durchleuchtet werden.

Es wird dabei immer Betroffene geben, die laut aufschreien. In einer hochkomplexen Welt wird jeder, der Entscheidungen trifft Fehler machen. Fatal ist nur, wenn er daraus keine Konsequenzen zieht und etwaige Versäumnisse korrigiert. Benachteiligte Gruppen sind zu unterstützen.

Ich denke wir im Kreistag haben gemeinsam einen guten Weg gefunden, um analog zur großen Politik aus der völlig verfahrenen Situation, in der sich unsere Krankenhäuser befinden, herauszufinden. Wir sind nicht der Versuchung unterlegen, alte Streitigkeiten neu aufleben zu lassen. Bis heute musste jeder von uns alte Gewissheiten aufgeben, ohne in einer Gleichung mit vielen Unbekannten neue Gewissheiten gefunden zu haben. Nach Corona, in dieser Phase der Neuorientierung unserer Krankenhauslandschaft, haben wir uns besser kennen- und schätzen gelernt. Wir pflegen einen sachlichen und lösungsorientierten Umgangston. Haben wir den Mut, für die Bürger schwierige und auch schmerzhafte Entscheidungen gemeinsam zu tragen und nach außen zu kommunizieren.

Nicht akzeptieren können wir Grüne jedoch, wie CSU, freie Wähler und teilweise auch die FDP auf eine Kampagne der Bildzeitung aufgesprungen sind. Diese Kampagne wurde durch Matthias Döpfner, Herausgeber der Bildzeitung und ausgewiesener Leugner des Klimawandels angestoßen. Ich weiß nicht, welcher Politiker, der sich populistisch auf Kosten anderer äußert, sich intensiv mit dem geleakten, noch nicht fertig erstellten Gesetzesentwurf auseinander gesetzt hat. In jedem Fall wird durch das ständige Wiederholen verkürzter, wissenschaftlichem Sachverstand widersprechender Polemik ein falsches, mit der Zukunft in keiner Weise kompatibles Narrativ verstärkt und verfestigt. Unvermeidbare zukünftige Entscheidungen werden dann in der Bevölkerung auf noch mehr Widerstand stoßen.

Um weiter im Kreistag gedeihlich und vertrauensvoll zusammenarbeiten zu können, erwarten wir von ihnen, dass sie das ihnen Mögliche tun, um ihre Häuptlinge wieder einzufangen und auf einen besseren Weg zu bringen. Abwertender, dumme Vorurteile nutzender und verstärkender Politikstil hat noch nie gute Ergebnisse gezeitigt.