Von der Krankenhauspolitik bis zum Klimaschutzkonzept

Jahresversammlung in Wertingen mit Gästen aus Zusamaltheim

Wie fühlt man sich als junge, grüne Mandatsträgerin unter mehrheitlich männlichen, teilweise altgedienten Kolleg:innen im Gemeinderat? Judith Deppenwiese, seit Anfang 2020 Gemeinderätin der Grünen in Zusamaltheim, berichtete als Gast in der Jahresversammlung von Bündnis 90/Die Grünen in Wertingen von ihren Erfahrungen. Vorne weg: Das Amt macht ihr Spaß, und sie schätzt den guten und offenen Kontakt zu Bürgermeister Stephan Lutz und dem Rest des Ratsgremiums. Dennoch ist es eine Herausforderung für sie, wie sie erklärte, sich als junge Frau in einer vorwiegend konservativen Umgebung einzubringen. Wie in vielen dörflichen Gemeinderäten, so gebe es auch in Zusamaltheim keine Parteienkultur. So sei es bisher bei Kommunalwahlen üblich, sich nicht über eine Partei, sondern eine Bürgerliste oder „unabhängige Liste“ aufstellen zu lassen. Grundsätzlich sei dem nichts entgegenzusetzen, meinte Judith Deppenwiese. Doch Demokratie lebe von der Vielfalt der Meinungen, die es gelte auszudiskutieren und so zu einer für alle verträglichen Entscheidung zu kommen. 

In den nun gut zwei Jahren ihrer Amtszeit hat Judith Deppenwiese in Zusamaltheim ein paar Erfolge zu verzeichnen. So sorgte sie für ein offenes Bücherregal und arbeitet derzeit an einem neuen Design für den Gemeindeboten, der ab dem kommenden Jahr in neuem Layout erscheinen soll. Auch solle die Gemeinde Zusamaltheim einen dringend notwendigen neuen Internetauftritt bekommen, hofft Deppenwiese hier besonders auf die Zusammenarbeit mit der VG Wertingen. Das Thema Jugendarbeit, das jüngst beim “Heimatcheck” der Wertinger Zeitung für Diskussionen sorgte, sieht die junge Gemeinderätin von zwei Seiten. Einerseits gebe es von Seiten der Vereine viel Jugendarbeit im Ort. Andererseits gebe es auch noch Raum für kommunale Initiativen. “Wir könnten eine Jungbürgerversammlung machen, da bin ich nach wie vor dran”, berichtete Deppenwiese in der Jahresversammlung in Wertingen.

Peter Hurler, Sprecher des Grünen-Ortsverbandes Wertingen und Fraktionsvorsitzender im Stadtrat, griff Deppenwieses Thema für Jugendinitiativen auf: Eine Jungbürgerversammlung sei ein gutes Instrument, um junge Leute für die Kommunalpolitik zu interessieren: “Da sind die Jugendlichen dann bereit, sich mehr einzubringen.” Die Generierung von Nachwuchs sei ein wichtiges Thema bei den Grünen. Denn oft würden sich junge Leute erst für Politik interessieren, wenn sie eine Familie gründen und ein Haus bauen wollen. Doch gerade dies – die andauernde Ausweisung neuer Baugebiete – erfordere angesichts des rasant steigenden Flächenverbrauchs neues Denken. “Wir müssen weg von immer mehr Neubaugebieten, die sich am Ortsrand in die Natur ziehen”, waren sich Hurler und Deppenwiese einig. Stattdessen gelte es, mehr in die Höhe zu bauen und leeren Altbestand in den Orten zu beleben.

Breiten Raum nahm in der Jahresversammlung Wertingen das Thema Krankenhauspolitik ein, worüber Stadt- und Kreisrätin Hertha Stauch berichtete. Die Grünen hätten von Beginn an den Landkreis im Bestreben unterstützt, eine Geriatrie in Wertingen zu etablieren. Dies sei zukunftsweisend. Eine doppelte Vorhaltung von Abteilungen an den Krankenhäusern in Wertingen und Dillingen sei nicht zu verantworten, gerade angesichts des hohen Defizits, das beide Häuser betreffe. Einig waren sich die Mitglieder der Versammlung in der Meinung, dass sich vor allem die Gesundheits- und Krankenhauspolitik des Bundes ändern müsse, um den Bestand von kleinen Kliniken nicht noch mehr auszudünnen. Dies könne allerdings nur mit Hilfe von Spezialisierung und im Verbund mit anderen, großen Kliniken gesichert werden, so Hertha Stauch. Ändern müsse sich aber auch etwas im Verhalten der Patienten, warf Altstadtrat Ludwig Klingler ein, der die „Vollkasko-Mentalität” vieler Patienten kritisierte. 

Beim Jahresrückblick des Grünen-Ortsverbandes berichtete Stadtrat Jonas Ziegler von seiner Initiative für den Einbau einer Lüftungsanlage in städtischen Kindergärten. Dies sei zwischenzeitlich geschehen, zeigte sich Ziegler erfreut. Auch wenn die strengen Corona-Regelungen inzwischen gelockert oder ganz aufgehoben seien, sei es nach wie vor wichtig, für Frischluftzufuhr in den Räumen zu sorgen, da Corona ja noch vorhanden sei. Mit der neuen Anlage könnten Kinder und Erzieher:innen jetzt gut leben, ohne dass ständig die Fenster aufgerissen werden müssten, was in der kalten Jahreszeit ja nicht unbedingt dienlich sei.

Zufrieden sind die drei Grünen-Stadträte Hurler, Ziegler und Stauch mit dem Fortgang ihrer Initiative für ein Klimaschutzkonzept in Wertingen. Ihr ursprüngliches Anliegen, einen Klimamanager oder eine Klimamanagerin in der Verwaltung zur Umsetzung der vom Verfassungsgericht eingeforderten Klimaziele des Staates und der Herstellung von Klimaneutralität zu etablieren, wurde vom Stadtrat einstimmig in abgeänderter Form beschlossen. Demnach wurde bereits ein externes Büro mit der Erarbeitung dieser Aufgabe beauftragt. Zwischenzeitlich gibt es auch einen Klima-Ausschuss, der zusammen mit dem Büro eine Bestandsaufnahme macht und Ziele für eine klimagerechtes Wertingen festlegt. Peter Hurler, der die Grünen-Fraktion im Ausschuss vertritt, hat erste Erkenntnisse mitgebracht. So sei Wertingen schon über hundert Prozent mit Photovoltaik versorgt, es fehle aber an Alternativen für die Zeit, in der die Sonne nicht scheint. „Wir als Kommune müssen überlegen, was man noch tun kann“, denkt Hurler dabei besonders an die bisher in Wertingen nicht genutzte Windenergie. Es sei unabdingbar, alle Möglichkeiten einzubeziehen, da vor allem die örtliche Wirtschaft billige Energie benötige, so Hurler. Der Ausschuss, setzt sich aus Vertretern des Stadtrates, von Bürger:innen und der örtlichen Wirtschaft zusammen.