Anni und die LKW‘s

Die Aktion

Es geht um die Einrichtung einer streckenbezogenen Geschwindigkeitsbegrenzung.

Anni Kalchgruber hat mit ihren 86 Jahren und schlecht zu Fuß ganz Kesselostheim (Ortsteil von Bissingen) abgeklappert und mindestens 68 Unterschriften mit ihrem e-Gefährt eingesammelt. Nur einige wenige Unterschriften hat eine Schülerin aus Kesselostheim eingesammelt. Wir, im Ortsverein Bissingen-Lutzingen, bewundern sie!

Die Problematik wird sehr gut im Youtube-Clip „Anni und die LKW’s“ dargestellt.

Herr Hildebrandt vom Bayerischen Rundfunk wollte Anni dabei begleiten, wenn sie die Unterschriftenliste dem Bürgermeister Herreiner in Bissingen übergibt. Der Bürgermeister wollte die Listen jedoch nur ohne Presse und ohne Filmaufnahmen des Bayerischen Fernsehen entgegennehmen. Anschließend gab es noch ein Gespräch mit dem Bürgermeister, diesmal mit Herrn Hildebrandt vom BR. Bürgermeister Herreiner hat angeboten die Unterschriftenliste beim Landrat vorzulegen.

2024 ist eine Erneuerung der Staatsstraße geplant und dabei ist eine Querungshilfe in Höhe der Bushaltestelle vorgesehen. Allerdings ist das finanziell sehr schwierig (wie immer). Im Gespräch mit Herrn Bürgermeister Herreiner, Anni Kalchgruber und Konrad Hahmann, macht er den Vorschlag, die Unterschriftenliste auch beim Landrat in Dillingen zu überreichen, da es sich um eine Staatstrasse handele und deshalb das Landratsamt zuständig sei.

Die Übergabe dürfe aber erst öffentlich gemacht werden, wenn der Landrat Bescheid weiß und auch dieser Übergabe zugestimmt. Bürgermeister Herreiner gab zu bedenken, sollte es in Kesselostheim ein Streckenbezogenes Tempolimit 30 km/h geben, würden andere Gemeinden mit den gleichen Problemen ein Tempolimit 30 km/h fordern. Auch gab er zu bedenken, was das bedeutet, wenn Vielfahrer, die mit einer ca. 60.000 km Fahrleistung pro Jahr durch diese Tempo 30 Zonen fahren müssten. Der Herr Bürgermeister Herreiner war sehr freundlich, hat sich sehr viel Zeit genommen, was Anni Kalchgruber sehr gefreut hat. Seine Einstellung zum Tempo 30 im Allgemeinen ist negativ.

Der Bayerische Rundfunkt hat einen ziemlich ausführlichen Bericht daraus gemacht: https://www.br.de/nachrichten/bayern/di-f-deshalb-wird-eine-86-jaehrige-ur-oma-zur-aktivistin,TCbYDGZ

Warum Tempo 30?

Ein Dorf ist auch ein Lebensraum! Der Straßenverkehr hat in den letzten Jahren so zugenommen, dass es vielerorts tatsächlich schwierig geworden ist, die Straßenseite zu wechseln wenn man nicht mehr so mobil ist. Tempo 30 erhöht die Verkehrssicherheit, vermindert Schadstoffe und Lärm und führt zu mehr Lebensqualität.

Dass so etwas funktionieren kann und der Verkehr NICHT zusammenbricht (wie uns Auto-Lobbyisten vom ADAC weismachen wollen) kann man schon in Baden-Württemberg1 sehen.
Wenn man von hier nach Crailsheim fährt, hat so ziemlich jeder Ort Tempo 30 UND eine Blitzersäule, um dem Verkehrsschild Nachdruck zu verleihen. Das Umweltbundesamt2 hat 2016 die Auswirkungen von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen untersucht und ist zu folgenden Ergebnissen gekommen:

  • Die Leistungsfähigkeit der Straße für den Kfz-Verkehr wird nicht beeinträchtigt werden (S. 5).
  • Die Reisezeitverzögerung auf der Strecke wird maximal 26 Sekunden betragen.3
  • Es wird sehr wahrscheinlich zu wahrnehmbaren Lärmentlastungen führen, vor allem nachts (S. 14).
  • Die Schadstoffbelastungen sinken, weil der Verkehrsfluss gleichmäßiger wird (S. 15).
  • Es wird sich positiv auf die Verkehrssicherheit auswirken (S. 17).
  • Die Anwohner werden die Tempo 30 Zone überwiegend positiv4 wahrnehmen und bewerten (S. 20).
1) https://vm.baden-wuerttemberg.de/de/politik-zukunft/verkehrssicherheit/tempolimits/
2) Wirkung von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen, Hrsg. Umweltbundesamt Fachgebiet I 3.1 Umwelt und Verkehr: Dessau-Roßlau (2016).
3) Die Entfernung vom westlichen bis zum östlichen Ortsende beträgt ca. 630 m. Laut Broschüre vom Umweltbundesamt ist bei Tempo 30 Zonen mit Reisezeitverlusten von 0 bis 4 Sekunden je 100 Meter zu rechnen (S. 7). Das ergibt eine maximale Verzögerung von 25,2 Sekunden.
4) Die Lautesten sind nicht immer die Mehrheit. Wer kann sich noch an das Geschrei der Raucher erinnern, als es um das Nichtraucher-Volksbegehren ging? Ist die Welt tatsächlich untergegangen, die Kneipenkultur zusammengebrochen, die Gemütlichkeit abgeschafft worden, wie die „Bewegung für Toleranz“ der vereinigten, empörten Raucher damals vorhergesagt haben? Nein? Und sind heute nicht alle froh darum, dass man in den Kneipen nicht mehr rauchen darf?

30 für Kesselostheim

Es gibt verschiedene Möglichkeiten die Höchstgeschwindigkeit auf einer Straße zu begrenzen.

  1. Ausweisung einer Tempo 30 Zone. Das wird in der Straßenverkehrsordnung geregelt. Kurz gesagt läuft es darauf hinaus, dass man einen Kindergarten, Altenheim, Schule etc. braucht, umso eine Zone einzurichten. In der StVO steht eine Liste: hat man so eine Einrichtung, kann man Tempo 30 vorschreiben, ansonsten nicht.
  1. Anordnung einer streckenbezogenen Geschwindigkeitsreduzierung. Das wird in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) geregelt. Das kann die Gemeinde beantragen. Es ist ein bisschen kompliziert und auch juristisches Neuland. Nähere Informationen kann man einem „Tempo 30 Soforthilfe Papier“ des Verkehrsclub Deutschland (VCD) entnehmen.

In Paris gelten mittlerweile auf fast allen Straßen Tempo 30. Machen wir’s wie in Paris!