Aiwangers geplanter Besuch in Gundelfingen „völlig unpassend“

Nach Bekanntwerden immer weiterer Details in der Affäre um die mutmaßliche Verbreitung eines rechtsradikalen Flugblatts durch den jugendlichen Hubert Aiwanger sieht der Kreisverband Dillingen von Bündnis 90/Die Grünen Anlass genug, den stellvertretenden Bayerischen Ministerpräsidenten aufzufordern, sein Amt bis zur vollkommenen Aufklärung des Sachverhalts ruhen zu lassen. Damit befindet sich der Kreisverband im Einklang mit der Meinung des grünen Bundesverbandes.

Zuletzt war Aiwanger im Landkreis Dillingen mit einer nach Meinung der Grünen provokativen und populistischen Rede beim Schützenfest in Finningen aufgefallen, wenig später in Erding, als seine Parole „Wir müssen uns die Demokratie zurückholen“ bundesweit für Aufsehen sorgte. Nun wird der stellvertretende Ministerpräsident am 15. September bei den Gundelfinger Erlebnistagen, der „GET“, erwartet, wo er die Festrede zur Eröffnung halten soll. Für die Grünen ist dies zum jetzigen Zeitpunkt „völlig unpassend“, so die Vorsitzenden des Kreisverbandes Dillingen, da es angesichts der Flugblattaffäre keine Vorlage für „Hubsi – Hubsi – Jubelrufe“ geben dürfe, wie in Finningen und anderen Bierzelt-Veranstaltungen geschehen. Dafür sei die Lage zu ernst, zumal gerade in Festzelten die Stimmung angesichts des Alkoholkonsums oft überschwappt.

Der stellvertretende Bayerische Ministerpräsident muss nach Meinung des Kreisverbands der Grünen nun unverzüglich für Aufklärung sorgen. Seine bisherigen Aussagen genügen nicht, da es sich beim Flugblatt um eine „unsägliche Verhöhnung der Opfer in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern“ handele. Auch dass sich Aiwangers Bruder als Verfasser des Flugblatts bekannt habe und der Vorfall im jugendlichen Alter passierte, dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um schwerwiegenden und gezielten Antisemitismus handele. Ein derartiger „Jugendstreich“ sei eines stellvertretenden Ministerpräsidenten nicht würdig und schade Bayern, so die Meinung des grünen Kreisverbandes.

Der Fall wiege umso schwerer, als immer mehr Details ans Licht kommen, die weitere Fragen aufwerfen – hinausgehend über die 25 Fragen, die Ministerpräsident Markus Söder Aiwanger auferlegt hat. So berichtet die Süddeutsche Zeitung, dass Aiwanger im Jahr 2008, als er zum ersten Mal in den Bayerischen Landtag einzog, Recherchen darüber anstellte, ob ihm „Gefahr“ drohe, wenn die Sache mit dem Flugblatt bekannt würde. Angesichts derartiger Details halten auch die Grünen im Landkreis die geplante Sondersitzung des Bayerischen Landtags zur Causa Aiwanger für unerlässlich.

Unabhängig davon gehe der Fall Aiwanger weit über die derzeitige Diskussion hinaus, betonen die Grünen. So hat die Präsidentin der jüdischen Studierendenorganisation, Hanna Veiler, erklärt, dass die Flugblattaffäre nicht als Lappalie abgetan werden dürfe, zumal es sich nicht um einen Einzelfall handele. „Jude“ sei immer noch ein gängiges Schimpfwort an Schulen, Rechtsextremismus werde auch nach 1945 in deutschen Familien weitergelebt. Es hänge nun sehr davon ab, welche Konsequenzen aus den derzeitigen Zerwürfnissen gezogen werden.